Melatonin (MLT), ein Neuromodulator, der hauptsächlich über zwei G-Protein-gekoppelte Rezeptoren, MT1 und MT2, wirkt, reguliert zahlreiche Hirnfunktionen, darunter zirkadiane Rhythmen, Stimmung, Schmerz und Schlaf. MLT und nicht-selektive MT1/MT2-Rezeptor-Agonisten werden in der klinischen Praxis bei neuropsychiatrischen und/oder Schlafstörungen eingesetzt.
Allerdings ist die selektive Rolle der MT1- und MT2-Rezeptoren noch ungeklärt. Hier geben wir einen Überblick über die Rolle des MT1-Rezeptors in der Neuropsychopharmakologie, beschreiben die anatomische Lokalisation der MT1-Rezeptoren im Gehirn, diskutieren die Medizinalchemie, Biochemie und molekularen Aspekte des Rezeptors und untersuchen die Erkenntnisse, die MT1-Rezeptoren mit psychiatrischen und neurologischen Erkrankungen in Zusammenhang bringen. MT1-Rezeptoren sind in Hirnregionen lokalisiert, die zirkadiane Rhythmen, Schlaf und Stimmung regulieren, wie z. B. Nucleus suprachiasmaticus, Kortex, Hippocampus, Nucleus raphe dorsalis und der laterale Hypothalamus. Ihre Aktivierung moduliert die intrazellulären Signalwege, die auch Angriffspunkte für psychoaktive Wirkstoffe wie Antidepressiva und Stimmungsaufheller darstellen. Bei MT1-Rezeptor-Knockout-Mäusen sind verstärkte Angst, ein depressionsähnlicher Phänotyp, eine erhöhte Neigung zu Belohnungsreaktionen und Abhängigkeit sowie verkürzte REM-Schlafphasen zu beobachten. Diese Verhaltensstörungen gehen mit einer veränderten serotonergen und noradrenergen Neurotransmission einher.
Mehrere Studien weisen darauf hin, dass der MT1- und nicht der MT2-Rezeptor an der Regulation des zirkadianen Rhythmus beteiligt ist. Eine Beteiligung von MT1-Rezeptoren bei Morbus Alzheimer und Chorea Huntington wurde ebenfalls postuliert. Postmortem-Untersuchungen an depressiven Patienten bestätigen weiter die mögliche Beteiligung von MT1-Rezeptoren an Depressionen. Insgesamt gibt es substanzielle Hinweise auf eine Rolle des MT1-Rezeptors bei der Modulation von Hirnfunktion und Stimmung. Folglich verdient dieser MLT-Rezeptor-Subtyp eine weitere Erforschung als neuartige Zielstruktur für die Entwicklung neuropsychopharmakologischer Wirkstoffe.